Die Auswahl eines geeigneten Payment Service Providers (PSP) ist entscheidend für den Erfolg eines Onlinegeschäfts. Anforderungen der Kunden und Zielgruppen, Unternehmensanforderungen oder die Verfügbarkeit von Zahlarten. All diese Faktoren sind wichtige Bausteine bei der Wahl des passenden PSP.
In diesem Blogbeitrag möchten wir einen Überblick darüber geben, wie man den passenden Payment Service Provider für das eigene Unternehmen findet und diesen Prozess Schritt für Schritt beleuchten.
Dass die Covid-19-Pandemie den Online-Handel weiter hat wachsen lassen, ist keine bahnbrechende Erkenntnis. Laut Statista stieg der E-Commerce-Umsatz in Deutschland (B2C) im Jahr 2021 um 25,3 Milliarden gegenüber dem Jahr 2019.
Es ist wichtig zu erwähnen, dass der E-Commerce Umsatz in Deutschland bereits vor der Pandemie auf Wachstumskurs war. Laut Statistischem Bundesamt stieg der Umsatz im deutschen Online- und Versandhandel im Jahr 2019 gegenüber dem Vorjahr um 11,3 %. Die pandemiebedingte Beschleunigung dieses Trends ist jedoch bemerkenswert und hat das Verbraucherverhalten nachhaltig verändert. In der folgenden Infografik ist dieser Trend gut zu erkennen:
Evaluierung des eigenen Geschäftsmodells
Zu Beginn sollte das eigene Geschäftsfeld sorgfältig analysiert werden: Dabei spielen mehrere Faktoren eine entscheidende Rolle, hierzu zählen unter anderem:
- Die rechtlichen Verkaufseinheiten der angebotenen Produkte und Dienstleistungen
- Menge und Umfang
- Wird international oder nur regional verkauft?
- Zeitlich gebundene Faktoren wie saisonale Schwankungen oder Sonderaktionen
- Ist der Verkauf eine einmalige Transaktion oder eine wiederholte Zahlung?
Insbesondere bei digitalen Diensten sollten verschiedene Zahlungsmodelle in Betracht gezogen werden, wie Abonnements, Mitgliedschaften und wiederkehrende Zahlungen nach Testperioden.
Der Verkaufskanal ist ein weiterer wichtiger Faktor. Es kann sinnvoll sein, neben der Website auch den Kauf über Mobilgeräte zu ermöglichen. Die Verwendung mehrerer Vertriebskanäle (Multichannel) kann sehr attraktiv sein, wie das steigende Aufkommen von Click-and-Collect-Einkäufen und Marktplatzmodellen zeigt. In die Überlegungen sollten auch langfristige strategische Ziele des Unternehmens mit einfließen.
Berücksichtigung der Kundenanforderungen
Die Wahl der richtigen Zahlungsmethoden ist von zentraler Bedeutung und sollte dem Endkunden über den jeweiligen Verkaufskanal (online oder stationär) angeboten werden. Bei der Auswahl sind Aspekte wie Nutzerführung, Komfort und Sicherheit von entscheidender Bedeutung.
Im Allgemeinen kann man zwischen traditionellen und alternativen Zahlungsmethoden unterscheiden:
Zu traditionellen Bezahlmethoden gehören zum Beispiel das Bargeld, die Banküberweisung oder Kredit- und Debitkarten. Diese Zahlungsarten werden seit vielen Jahren oder Jahrzehnten verwendet werden und sind dementsprechend weit verbreitet.
Alternative Zahlungsmethoden haben in der jüngsten Vergangenheit einen enormen Zuwachs bekommen. Hierzu zählen unter anderem Mobile Payment wie Apple Pay oder Google Pay, Kryptowährungen oder Buy Now, Pay Later (BNPL) Dienste, wie z.B von Klarna oder Afterpay.
Damit ein Unternehmen beim Checkout-Prozess nicht Gefahr läuft, den potenziellen Kunden zu verlieren, ist es besonders wichtig herauszufiltern, wie sich das Kaufverhalten der jeweiligen Zielgruppe gestaltet.
Um dieses Verhalten einmal zu visualisieren, haben wir hier eine Grafik zum Bezahlverhalten in Deutschland aus dem Jahr 2022:
Festzuhalten bleibt, dass sich der deutsche Markt nur zögerlich für neue Bezahlverfahren öffnet. Dies ist auch auf die anhaltend hohe Vorliebe für Bargeld zurückzuführen. Dennoch wurde seit Beginn der Corona-Pandemie eine anhaltende Veränderung des Zahlungsverhaltens in Deutschland beobachtet, was auch auf das wachsende Online-Geschäft zurückzuführen ist. Dennoch herrscht in den skandinavischen und angelsächsischen Ländern in Europa bereits eine höhere Akzeptanz digitaler Zahlungsmethoden.
Infolgedessen ist es wichtig, dass Online-Händler in Deutschland sicherstellen, dass ihre Zahlungsoptionen mit den sich ändernden Verbrauchertrends Schritt halten, um ihre Geschäftsentwicklung zu unterstützen.
Unternehmensinterne Vorgaben berücksichtigen
Essenziell für die Auswahl des richtigen PSP-Anbieters sind ebenfalls die internen Anforderungen des Unternehmens.
Für größere Geschäftsmodelle sind Aspekte wie die Bedienbarkeit des Nutzerkontos, aktive Trainings und Schulungen, ein flexibles Aufsetzen der Kontenstruktur beim PSP und flexible Rollen- und Berechtigungsstrukturen relevant. Risikomanagement ist ebenfalls wichtig. Jeder Shop-Betreiber erhält einen Merchant Category Code (MCC), der Hinweise auf Transaktionsgebühren gibt und Standardrisikomanagement-Einstellungen enthalten kann. PSPs, die sich auf risikoreiche Segmente spezialisiert haben, bieten automatisierte Risikomanagement-Lösungen an, die helfen, Zahlungsausfallrisiken und Kosten besser zu steuern.
Der IT-Bereich berücksichtigt Faktoren wie die Integration eines Payment Service Providers (PSP). Hier sind Schnittstellen zum genutzten Shopsystem wichtig und es gibt verschiedene Integrationsmethoden, von der Pay-by-Link-Option bis hin zur individuellen Entwicklung. Gute PSPs bieten übersichtliche Dokumentationen zur Integration. Eine Systemverfügbarkeit von über 99,98% sollte der Standard sein. Auch die Implementierung rechtlicher Anforderungen wie die Zwei-Faktor-Authentifizierung und technischer Standards wie 3D-Secure 2.0 sollte erfragt werden.
Reporting und Zahlungshistorie sind insbesondere für den Finanzbereich relevant. Es sollte geklärt werden, welche Berichte in welchem Format und wann verfügbar sind und ob sie in die vorhandene Finanzsoftware integriert werden können. Die PSPs sollten verschiedene Währungen verarbeiten und auszahlen können und im Idealfall ein Dashboard bieten, das über Zahlungen informiert. Automatisch generierte E-Mails bei Streitfällen und ein zentraler Ansprechpartner können ebenfalls hilfreich sein.
Der Rechtsbereich kann auch Anforderungen stellen. Rechtsabteilungen berücksichtigen oft, ob der PSP die Zahlungstransaktionen allein durchführen kann oder ob zusätzliche Verträge erforderlich sind. Themen wie Vertragsdauer, Nachweis von Zertifizierungen und Lizenzen können ebenfalls eine Rolle spielen. Es ist auch sinnvoll zu fragen, ob der PSP automatisch „Sanktionslisten“ prüft und Käufe von Personen oder aus Ländern blockiert, an die oder in die nicht verkauft werden darf.
Auswahlprozess der geeigneten Payment Service Provider
Nachdem der Business Case definiert und alle Kunden- und Unternehmensanforderungen berücksichtigt wurden, kann mit dem eigentlichen Auswahlprozess begonnen werden. Hier sollte man in den engen Austausch mit den möglichen PSPs treten, Testkonten und Referenzen anfordern und mit zwei bis drei Anbietern in aktive Vertrags- und Preisverhandlungen einsteigen.
Es ist sinnvoll, eine gründliche Prüfung und Bewertung durchzuführen, da die Expansion eines Geschäftsmodells von einem regionalen zu einem globalen Setup mit einem starken Partner an der Seite viel einfacher ist. Abhängig von der Größe des Geschäftsmodells kann ein standardisiertes RFI/RFP-Verfahren auch viel Zeit sparen.
Nach der Wahl des oder der geeigneten PSPs wird es nach einiger Zeit eine geeignete Menge an Daten geben, um die Kunden- und Transaktionsdaten auszuwerten.
Wenn genügend Online-Transaktionen vorliegen, sollte die Optimierung der Zahlungsströme durch gezielte Anpassungen und Aussteuerungen der Einstellungen innerhalb der Konten erfolgen. Smarte Routing-Optionen, automatisch angezeigte Zahlmethoden und der Einsatz von Machine-Learning-Technologien für die Anpassungen der Risikoeinstellungen der Käufer können die Checkout-Conversion erhöhen.
Die Überlegung, weitere PSPs anzuschließen, eine eigene Infrastruktur aufzubauen oder eine White-Label-Lösung zu erwerben, ist vor allem in einem internationalen Setup oder für sehr große Händler relevant und kann ein wichtiger Baustein im eigenen digitalen Ökosystem darstellen.